Gebraucht-Check: BMW : BMW Gebrauchtberatung: F 800 (2024)

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Einfach gut: Die F 800 verzichtet auf den sonst bei BMW üblichen Fahrwerks-Schnickschnack – und ist trotzdem flott.

Wir haben den Boxer für die Traditionalisten und den Einzylinder für die Frauen der Traditionalisten. Und wir haben die K-Modelle für alle Vierzylinder-Fans mit Japaner-Phobie - fehlt uns noch irgendetwas?"

Die BMW-Verantwortlichen mussten nicht lange überlegen: "Uns fehlt die typische Mittelklasse!" Als Reaktion auf diese Erkenntnis präsentierten die Bayern 2006 mit der anfangs nur zweiteiligen F-800-Kollektion die vierte Modellreihe ihres Baukastens. Die halbnackte S und ihre unverständlicherweise erst ein paar Monate später nachgeschobene Tourenschwester ST machten gar keinen Hehl daraus, dass ihre Produktion deutlich günstiger als die der Boxer sein musste. Zwei schmucklose Aluprofile als Rahmen, Zahnriemen statt Kardan, Telegabel statt Telelever, ein direkt angelenktes Federbein und damit keinerlei Fahrwerks-Schnickschnack sowie ein - zumindest äußerlich - recht simpler Reihenzweizylinder, der von Rotax in Österreich gefertigt wurde - hübsch war anders.

Doch die pragmatischen Schwestern überzeugten von Anfang an mit Fahrstabilität, geringem Verbrauch, prima Gasannahme, viel Kraft im unteren und mittleren Drehzahlbereich und einem höchst erfreulichen Sound.

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Sanfter Charakter: Bessere Gasannahme, geringere Lastwechsel – die F 650 GS ist für manchen die bessere F-Wahl.

Der in seinem Inneren ganz und gar nicht so simple Twin (Stichwort "Hilfspleuel") klingt so kernig wie seine Boxer-Schwestern, mit denen er als Gleichläufer auch technisch eng verwandt ist. Es hätte also der Beginn einer wunderbaren Mittelklasse-Karriere werden können. Wurde es aber nicht; denn zum Boxer-Sound gesellten sich fiese Nebengeräusche: Die F klonkte, krachte und klackerte. Beim Schalten, beim Lastwechsel, im Schiebebetrieb - eigentlich immer. BMW bekam das Problem Anfang 2007 in den Griff, doch die F 800, besonders in der etwas unbequemeren S-Ausführung, blieb erst einmal beim Händler stehen. Der deutlich menschenfreundlicheren ST gelang es in der Folge durchaus, einen aus gesetzteren und ruhigeren Charakteren bestehenden Fan-Kreis um sich zu scharen, doch erst im Frühjahr 2008 zündete das Thema F 800 richtig: Die mit neuem Rahmen und überarbeitetem Motor antretende F 800 GS und ihre Schwester F 650 GS stürmten die Zulassungs-Charts.

Mit dem Single gleichen Namens hat die 650er nichts gemein. Ihr Hubraum beträgt wie bei der F 800 GS 798 cm³, aber aus marketingtechnischen Überlegungen ("Vielleicht trauen sich Anfänger nicht auf eine 800er") kam es bei der einfacher ausgestatteten und mit 71 statt 85 PS schwächeren GS zum Namens-Wirrwarr. Der Zirkus war aber vermutlich nicht so falsch: Die F 650 GS ist der bestverkaufte F-Twin. Diesen Rang wird ihr aber wohl die genial handliche und dabei schicke F 800 R ablaufen. Der 87 PS starke Feger geht neu und gebraucht weg wie warme Semmeln.

Gebraucht-Hitparade

Auf die Gefahr hin, dass man es nicht mehr lesen kann: Bei jeder halbwegs jungen Gebraucht-BMW ist das vollständige Serviceheft ein entscheidendes Kaufkriterium; denn BMW ist Weltmeister in Sachen "Modellpflege beim Händler" und "stille Rückrufe". Hier mal ein neues Mapping, dort mal ein verbessertes Bauteil - wer nicht beim Freundlichen auftaucht, schaut in die Röhre. Wichtiger (Serviceheft-)Prüfpunkt für S- und ST-Gebrauchtkäufer: Wurde der Zahnriemen bei 40.000 Kilometern gewechselt? Natürlich hält das Teil länger, wie lange genau, wird aber niemand garantieren können. Wer eine R oder GS besichtigt, hat es leichter; denn deren Kettenverschleiß lässt sich einfach prüfen. Besonders bei der F 650 GS ist frühzeitige Kettenlängung ein Thema. 34-PS-Drosselungen und Tieferlegungen gibt es nicht nur als Originalumbauten, sondern auch im Zubehör. Lieber Finger weg, deren Qualität (Ansprechverhalten bzw. Fahrwerksgeometrie) reicht meist nicht an das Original heran. Ebenfalls prüfenswert: Versteckte Schraubverbindungen - hier blüht gern der Rost.

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JKuenstle.de

Meisterstück: Der vierfache Streetbike Freestyle-Weltmeister Chris Pfeiffer nutzt seit 2006 die F als Turngerät. Von der R-Version gab es im Modelljahr 2010 ein nach ihm benanntes Sondermodell.

Für die F-800-Baureihe gibt es eine klare Gebraucht-Hitparade: Ganz oben und damit am beliebtesten ist die F 800 GS. Unter 8000 Euro gibts - wenn überhaupt - nur Kilometerkönige (Ü20 tkm) oder Exemplare mit Gelände-Kampfspuren. Das Gros wird zwischen 8500 und 9000 Euro gehandelt. Ähnlich teuer (im Vergleich zum Neupreis) sind die in Sachen Beliebtheit dichtauf folgenden F 800 R und die F 650 GS. Gebrauchte R fangen bei knapp 7000 Euro an, die beste Auswahl gibts zwischen 7500 und 8200 Euro. Die "kleine" GS wird ab 5500 Euro gehandelt, interessant wird es zwischen 6000 und 6500 Euro. Für die drei Modelle gilt: Die Nachfrage (beim Händler!) ist meist größer als das Angebot. Mit Beliebtheits-Abstand folgt die ST - gute Angebote fangen bei 6000 Euro an. Die S ist Beliebtheits-Letzte, hat das Dumping-Tal aber durchschritten. Mit Glück ab unter fünf Mille.

Preisniveau in Euro
Baujahre km-Stand
Niedrig 4000-5800 2006-2007 20.000-45.000
Mittel 2007-2010 10.000-25.000
Hoch 2008-2011 2000-20.000
Typ im Programm Verkäufe
F 650 GS/800 S/ST/GS/R ab 2006 21.167

Technische Daten

Motor
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Zahnriemen.
Bohrung x Hub 82,0 x 75,6 mm
Hubraum 798 cm³
Nennleistung 62,5 kW (85 PS) bei 8000/min
Max. Drehmoment 86 Nm bei 5800/min

Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Telegabel, Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, gegen Aufpreis mit ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17

Maße+Gewichte
Radstand 1466 mm, Lenkkopfwinkel 63,8 Grad, Nachlauf 95 mm, Federweg v/h 140/140 mm, Sitzhöhe* 840 mm, Gewicht vollgetankt* 218 kg, Zuladung* 187 kg, Tankinhalt/Reserve 16/4 Liter.


Messungen

(MOTORRAD 20/2006)

Höchstgeschwindigkeit** 221 km/h

Beschleunigung
0-100 km/h 3,8 sek
0-200 km/h 16,7 sek

Durchzug

60-140 km/h 9,7 sek
Verbrauch 4,0 l/100 km (Landstraße);
4,3 l/100 km (bei 130 km/h), Super

Modellpflege F 800 S/ST

2006 Markteinführung F 800 S im April, F 800 ST im Mai; Farben: Sunsetgelb uni, Flammrot uni (S); Graphitanmetallic matt, Blaumetallic (ST). Preise: 8450/9150 Euro (S/ST).


2007 Neue Farbe für S: Lahargraumetallic. Preise: 8660/9380 Euro.

2008 Technische Änderung: Serviceanzeige im Multifunktions-Display. Preise: 8660/9500 Euro.


2009 Änderung Lieferumfang: dritter Fahrzeugschlüssel; neue Farben: Weißaluminiummetallic matt, Motor schwarz statt silber (S); Nachtblau-
metallic, Champagnermetallic (ST). Preise: 8750/9770 Euro.


2010 Farbänderungen: Felgen schwarz glänzend (S); Motor schwarz (ST); Produktionsende der S im Juli. Preise: 8750/9770 Euro.

2011 Neue Farben: Saphirschwarzmetallic, Lightgreymetallic/Saphir­schwarzmetallic/Granitgraumetallic. Preise: 9770 Euro.
Technische Aktionen/Rückrufe: 2/07 Nachrüstung gedämpftes Riemenritzel; 6/07 Tausch Zündkerzen; 2/08 Verlegung des Tankentlüftungsschlauchs optimieren; 4/08 Tausch
Federbein; 6/08 Tausch Lenkungsdämpfer.

F 800 S und ST im Detail

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Übersichtlich: analoge Anzeige von Tempo und Drehzahl, Bordcomputer kostet extra (185 Euro); höhere Gabelbrücke mit Rohrlenker als ST-Merkmal.

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Clever: echter Paralleltwin – die Kolben bewegen sich synchron auf und ab; Ventilbetätigung über zwei Nockenwellen und Schlepphebel; Massenausgleich über Hilfspleuel und Schwinghebel.

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Sauber: Zahnriemenwechsel nur alle 40 000 Kilometer; Ritzelwechsel bei der ersten Serie wegen Geräuschen und Lastwechselreaktionen deutlich früher.

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