BMW und Van, das war vor nicht allzu langer Zeit so unwahrscheinlich wie BMW und Frontantrieb oder Dreizylindermotoren. Aber die Zeiten ändern sich und speziell bei den Münchenern wird Fahrspaß nicht mehr ausschließlich über Leistung, Antriebsart oder Zylinderzahl definiert. Beim 2er Gran Tourer stehen jedenfalls andere Eigenschaften im Vordergrund. Ein BMW bleibt er trotzdem, wie sich in unserem Alltagstest des 218i zeigte. Der steht mit 28.650 Euro in der Preisliste, ohne Extras, versteht sich.
Das Markentypische offenbart sich so richtig erst nach dem Einsteigen. Der Innenraum ist, obwohl der Gran Tourer unzweifelhaft eher zu den Vans als zu den Limousinen zählt, unschwer als BMW zu erkennen und durchaus sportiv ausgelegt. Letzteres merkt man zum Beispiel an den Sitzen mit den sehr ausgeprägten Wangen, die mehr Seitenhalt geben als man in einem Fahrzeug dieser Machart benötigt. Die Gestaltung des co*ckpits wiederum orientiert sich an den kleineren und größeren Geschwistern.
Alles klar aufgeräumt, hochwertig, wenngleich nicht ganz so edel wie bei den meisten Mercedes- und größeren BMW-Modellen. Aber wir reden in diesem Fall von der Kompaktklasse und da passt das so schon sehr gut. Erstaunlich gut funktioniert das einfache Head-up-Display mit einer kleinen ausfahrbaren Scheibe statt der aufwändige Spiegelung der Anzeige in die Windschutzscheibe. Ergonomisch gibt es weder für größere noch für kleinere Menschen hinter dem Lenkrad etwas zu meckern. Man findet in jedem Fall eine aktive und bequeme Sitzposition.
Die hilft, allerlei aufpreispflichtige Annehmlichkeiten aus den Bereichen Konnektivität und Assistenz zu genießen. Das Navi beispielsweise leitet, wie aus anderen BMW-Modellen bekannt vorzüglich und bezieht selbst innerstädtische Stockungen in die Planung der Ankunftszeit sauber ein.
Nach dem Drücken des Startknopfes – ohne derlei geht es heute scheinbar nicht mehr – erwacht der Dreizylinder erstaunlich leise und wohltönend zum Leben. Und auch in Bewegung ändert sich der dezente Grundcharakter der Maschine nicht. Anscheinend ist es den Konstrukteuren gelungen, einen Motor zu kreieren, der trotz der ungeraden Zylinderzahl komfortabel und weich läuft. Auch bei hohen Geschwindigkeiten bleibt der Dreizylinder dezent. Mit 100 kW/136 PS ist der 1,5-Liter statistisch ein Durchschnittsmotor. Mit einem Normverbrauch von 5,5 Liter Benzin nicht. Da gehört er zu den besonders sparsamen Aggregaten. Naturgemäß konnten wir den Normwert im Alltag nicht erreichen. Bei zurückhaltender, gleichmäßiger Fahrweise waren aber 6,2 Liter möglich. Im gemischten, zügigen Betrieb kamen wir auf einen Testverbrauch von 7,2 Liter. Das ist aller Ehren wert. Ebenso das gleichermaßen leichtgängige wie exakte Sechsganggetriebe.
Wobei der zügige Betrieb und die ebenso flinke Bedienung der Schaltung dem Van durchaus zuträglich sind. Beim Durcheilen von weiten oder engen Kurven und auch als Dauergast auf der linken Spur scheint der 218i zu vergessen, dass er eigentlich ein Familienauto ist und gebärdet sich – typisch BMW – viel aktiver als man es bei seiner Form annehmen könnte, aber ohne dass der Federungskomfort ernsthaft darunter leiden würde.
Womit wir bei einem echten Schwachpunkt des Gran Tourer wären: das Aussehen. Der durchaus autoaffine Sohn des Hauses brachte es bei der ersten Inaugenscheinnahme wie folgt auf den Punkt: „Warum geben die denn allen Designern Urlaub, wenn sie so ein Auto machen?“ Nun lässt sich über Geschmack nicht wirklich streiten und die Form eines Vans folgt naturgegeben stark der Funktion. Aber es gibt sicher schönerer oder stimmiger gezeichneter Exemplare dieser Art. Praktisch ist der 2er auf jeden Fall. Er bietet reichlich Platz.
Mit einem Radstand von 2,78 Metern findet sich bei nahezu jeder Position des Fahrersitzes dahinter noch genügend Beinraum. Hinten finden auf kurzen Strecken auch drei Erwachsene Platz, allerdings ist der Gurt für die mittlere Position im Dachhimmel gut versteckt. Er wird auch nicht allzu oft gebraucht. Der Kofferraum fasst zwischen 695 und 1.905 Liter Gepäckvolumen. Gut gefallen hat uns die einfache Bedienung der Sitzlehnen. Auf Knopfdruck fallen sie bündig nach vorne und hinterlassen nur eine kleine Kante. So ist der Laderaum auch für sperrige Hobbyutensilien gut und vor allem leicht nutzbar.
Insgesamt erweist sich der erste echte Van von BMW als sehr gelungenes Exemplar, wenngleich auch als recht teures. Die 30.000-Euro-Marke jedenfalls wird mit ein paar Extras klar gerissen, was vor allem für junge Familien ein Kaufhemnis sein könnte. Aber vielleicht wird der Gran Tourer, wie sein Pendant von Mercedes ohnehin eher von älteren und besser situierten Menschen erworben, auch wenn er dafür eigentlich viel zu sportlich ist.
BMW 218i Gran Tourer – Technische Daten:
Fünftüriger, fünfsitziger Van der Kompaktklasse; Länge: 4,56 Meter, Breite: 1,80 Meter (2,04 Meter mit Außenspiegeln), Höhe: 1,64 Meter, Radstand: 2,78 Meter, Kofferraumvolumen: 645 – 1.905 Liter
1,5-Liter-Dreizylinder, 100 kW/136 PS, Sechsgang-Handschaltung, Frontantrieb, maximales Drehmoment: 220 Nm bei 1.250 U/min, 0-100 km/h: 9,5 s, Vmax: 205 km/h, Durchschnittsverbrauch: 5,5 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 122 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A, Testverbrauch 7,2 Liter
Preis: ab 28.650 Euro
Warum: weil er der erste Van von BMW ist
Warum nicht: weil es derlei auch anderswo und günstiger gibt
Was sonst: die Mercedes B-Klasse oder einen VW Touran
